WICHTIGES INFORMATIONSSCHREIBEN, ABGESTIMMT MIT DEN EUROPÄISCHEN REGULIERUNGSBEHÖRDEN UND DER ITALIENISCHEN ARZNEIMITTELAGENTUR (AIFA)
April 2019
Chinolon- und Fluorchinolon-Antibiotika zur systemischen und inhalativen Anwendung – Risiko von schwerwiegenden, lang andauernden und potenziell dauerhaften unerwünschten Nebenwirkungen sowie Einschränkungen der Anwendung.
Sehr geehrte Frau Doktor, sehr geehrter Herr Doktor,
die Inhaber der Zulassung für das Inverkehrbringen von Chinolon- und Fluorchinolon-Antibiotika möchten Sie in Zusammenarbeit mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und der Italienischen Arzneimittelagentur (AIFA) über Folgendes informieren:
Zusammenfassung
- Bei der Anwendung von Chinolon- und Fluorchinolon-Antibiotika wurden schwerwiegende, lang andauernde und potenziell dauerhafte Nebenwirkungen gemeldet, die hauptsächlich das Muskel-Skelett-System und das Nervensystem betreffen.
- Infolgedessen wurden Nutzen und Risiken aller Chinolon- und Fluorchinolon-Antibiotika sowie deren Indikationen in den EU-Ländern neu bewertet.
- Arzneimittel, die Cinoxacin, Flumequin, Nalidixinsäure und Pipemidsäure enthalten, werden vom Markt genommen.
- Verschreiben Sie diese Medikamente nicht:
- zur Behandlung von nicht schwerwiegenden oder selbstlimitierenden Infektionen (wie Pharyngitis, Tonsillitis und akute Bronchitis);
- zur Vorbeugung von Reisedurchfall oder wiederkehrenden Infektionen der unteren Harnwege;
- bei nicht-bakteriellen Infektionen, beispielsweise nicht-bakterieller (chronischer) Prostatitis;
- bei leichten bis mittelschweren Infektionen (einschließlich unkomplizierter Blasenentzündungen, akuter Verschlechterung der chronischen Bronchitis und der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), akuter bakterieller Rhinosinusitis und akuter Mittelohrentzündung), es sei denn, andere Antibiotika, die üblicherweise für diese Infektionen empfohlen werden, gelten als ungeeignet;
- bei Patienten, bei denen in der Vergangenheit schwere Nebenwirkungen von einem Chinolon- oder Fluorchinolon-Antibiotikum aufgetreten sind. - Verschreiben Sie diese Medikamente mit besonderer Vorsicht bei älteren Patienten, Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion, Patienten nach einer soliden Organtransplantation und solchen, die gleichzeitig mit Kortikosteroiden behandelt werden. Bei diesen Patienten kann nämlich ein erhöhtes Risiko für eine Fluorchinolon-induzierte Tendinitis und Sehnenrupturen bestehen. Die gleichzeitige Anwendung von Kortikosteroiden und Fluorchinolonen sollte vermieden werden.
- Informieren Sie den Patienten darüber, dass die Behandlung bei den ersten Anzeichen einer schwerwiegenden Nebenwirkung wie Tendinitis und Sehnenruptur, bei Muskelschmerzen, Muskelschwäche, Gelenkschmerzen, Gelenkschwellungen, peripherer Neuropathie oder Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem abzubrechen ist und ein Arzt für weitere Ratschläge konsultiert werden soll.
Verfügbare Daten zur Sicherheit
Die EMA hat die Chinolon- und Fluorchinolon-Antibiotika zur systemischen und inhalativen Anwendung überprüft, um das Risiko schwerwiegender und anhaltender Nebenwirkungen (die Monate oder Jahre andauern), die zu Behinderungen führen und dauerhaft sein können, zu bewerten. Diese betreffen hauptsächlich das Muskel-Skelett-System und das Nervensystem.
Schwerwiegende Nebenwirkungen am Muskel-Skelett-System umfassen Tendinitis, Sehnenrupturen, Myalgie, Muskelschwäche, Arthralgie, Gelenkschwellungen und Gehstörungen.
Schwerwiegende Auswirkungen auf das periphere und zentrale Nervensystem umfassen periphere Neuropathie, Schlaflosigkeit, Depression, Erschöpfung und Gedächtnisstörungen sowie Beeinträchtigungen des Seh-, Hör-, Geruchs- und Geschmackssinns.
Es wurden nur wenige Fälle dieser behindernden und potenziell dauerhaften Nebenwirkungen gemeldet. Es ist jedoch anzunehmen, dass die tatsächliche Anzahl an Fällen nicht vollständig erfasst wurde. Aufgrund der Schwere solcher Reaktionen bei zuvor gesunden Personen sollte die Entscheidung, Chinolone und Fluorchinolone zu verschreiben, nach einer sorgfältigen Abwägung von Nutzen und Risiken in jedem einzelnen Fall getroffen werden.
Die Produktinformationen für Arzneimittel, die Fluorchinolone enthalten, werden mit diesen neuen Informationen aktualisiert werden. Die Produktinformationen wurden kürzlich ebenfalls ergänzt, um auf das Risiko eines Aortenaneurysmas und einer Aortendissektion hinzuweisen.
Weitere Informationen
Für zusätzliche Einzelheiten wird auf die EMA-Bewertung und die aktualisierten Produktinformationen verwiesen, die in der Datenbank für Arzneimittel der AIFA verfügbar sein werden.
Aufforderung zur Meldung
Die Meldung vermuteter Nebenwirkungen, die nach der Zulassung dieses Medikaments auftreten, ist wichtig, da sie eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels ermöglicht. Gesundheitsfachkräfte werden gebeten, jede vermutete Nebenwirkung über das nationale Meldesystem durch diesen Link zu melden: https://www.aifa.gov.it/content/segnalazioni-reazioni-avverse
Die AIFA nutzt diese Gelegenheit, um alle Gesundheitsfachkräfte an die Bedeutung der Meldung vermuteter Nebenwirkungen von Arzneimitteln zu erinnern. Sie ist ein unverzichtbares Instrument, um ein günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis unter realen Anwendungsbedingungen zu bestätigen. Meldungen über vermutete Nebenwirkungen von Arzneimitteln sollten an den Verantwortlichen für Pharmakovigilanz der jeweiligen Einrichtung des Meldenden oder direkt online über die Website www.vigifarmaco.it unter Befolgung der Schritt-für-Schritt-Anleitung gesendet werden. Dieses Informationsschreiben wird außerdem auf der Website der AIFA (www.agenziafarmaco.it) veröffentlicht, deren regelmäßige Konsultation empfohlen wird, um bestmögliche professionelle Informationen und Dienstleistungen für die Bürger zu ermöglichen.
Lies das Informationsschreiben auf der Website der Arzneimittelbehörde
Vertiefung: Wie man Blasenentzündungen mit natürlichen Mitteln behandeln kann
Trotz der Mitteilung von 2019 haben die neuesten Daten (EUPAS 37856) gezeigt, dass Fluorchinolone weiterhin außerhalb der empfohlenen Anwendungen verschrieben werden. Die AIFA veröffentlichte daher einen Aufruf, in dem die medizinische Fachwelt erneut auf die erheblichen Einschränkungen der Anwendung dieser Arzneimittel hinweist. Denn sie bergen das Risiko schwerwiegender, behindernder und potenziell irreversibler Nebenwirkungen, die das Muskel-Skelett-System, das Nervensystem, die Psyche sowie die Sinnesorgane betreffen.
Vertiefung: Lies den AIFA-Aufruf von 2023